Was tun wenn man als Selbständiger Schulden beim Finanzamt hat – Steuerschulden?
Schulden beim Finanzamt können für viele Menschen zu einer erdrückenden Last werden, besonders wenn das Geld knapp, oder garnicht da ist. Diese Situation ist nicht nur finanziell belastend, sondern kann auch erheblichen emotionalen Stress verursachen. Doch es gibt Wege, mit dieser Herausforderung umzugehen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick darüber, was Sie tun können, wenn Sie Steuerschulden haben und nicht in der Lage sind sie zu bezahlen.
Proaktive Schritte
Bewahren Sie Ruhe. Ein klarer Kopf ist wichtig, um richtig zu denken. Solche Situationen entstehen meist nicht plötzlich und können auch nicht sofort gelöst werden. Ins Gefängnis kommen Sie dafür nicht!
Sollten Sie noch kein Pfändungsschutzkonto eingerichtet haben, ist es ein guter Zeitpunkt es zu tun!
1. Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt
Der erste und wichtigste Schritt ist die direkte Kommunikation mit dem Finanzamt. Viele Menschen neigen dazu, aus Angst oder Scham den Kopf in den Sand zu stecken, aber das verschlimmert die Situation nur.
- Zeitnahe Kontaktaufnahme: Sobald Sie erkennen, dass Sie Ihre Steuern nicht fristgerecht zahlen können, sollten Sie umgehend das Finanzamt kontaktieren. Je früher Sie dies tun, desto mehr Optionen stehen Ihnen offen.
- Ehrliche Darlegung der Situation: Erklären Sie Ihre finanzielle Lage offen und ehrlich. Das Finanzamt ist oft bereit, Lösungen zu finden, wenn Sie Kooperationsbereitschaft zeigen.
- Dokumentation: Halten Sie alle Kommunikation schriftlich fest. Notieren Sie Datum, Uhrzeit und Inhalt von Telefonaten und bewahren Sie Kopien aller Schreiben auf.
2. Stundungsantrag stellen
Eine Stundung ist ein offizieller Aufschub der Zahlungsfrist. Dies kann Ihnen die nötige Zeit verschaffen, um Ihre Finanzen zu ordnen.
- Schriftlicher Antrag: Reichen Sie einen schriftlichen Stundungsantrag ein. Dieser sollte folgende Informationen enthalten:
- Ihre Steuernummer
- Ihre Steueridentifikationsnummer
- Den genauen Betrag, für den Sie eine Stundung beantragen
- Eine detaillierte Erklärung, warum Sie derzeit nicht zahlen können
- Wenn möglich, einen Vorschlag, wann und wie Sie die Zahlung leisten könnten
- Belege beifügen: Fügen Sie Ihrem Antrag Belege bei, die Ihre finanzielle Notlage dokumentieren. Dies können Kontoauszüge, Gehaltsabrechnungen oder andere relevante Finanzunterlagen sein.
3. Ratenzahlung beantragen
Oft ist es einfacher, eine große Summe in kleineren Raten zurückzuzahlen. Eine Ratenzahlungsvereinbarung kann Ihnen helfen, Ihre Schulden schrittweise abzutragen.
- Realistischer Zahlungsplan: Schlagen Sie einen Ratenplan vor, den Sie auch wirklich einhalten können. Es ist besser, kleinere Raten über einen längeren Zeitraum zu zahlen, als unrealistische Versprechungen zu machen.
- Flexibilität: Seien Sie bereit, mit dem Finanzamt zu verhandeln. Möglicherweise können Sie einen Plan vereinbaren, bei dem die Raten mit der Zeit steigen, wenn sich Ihre finanzielle Situation verbessert.
Wenn der Vollstrecker kommt
Trotz aller Bemühungen kann es vorkommen, dass ein Vollstreckungsbeamter zu Ihnen kommt. In dieser Situation ist es wichtig, ruhig zu bleiben und die Rechte und Pflichten beider Seiten zu kennen.
Befugnisse des Vollstreckungsbeamten:
- Betreten der Wohnung: Der Beamte darf Ihre Wohnung betreten, um nach pfändbaren Gegenständen zu suchen. Er muss sich dabei ausweisen und den Grund seines Besuchs erklären.
- Durchsuchung: Er darf Schränke, Schubladen und andere Behältnisse öffnen, um pfändbare Gegenstände zu finden. Allerdings darf er keine verschlossenen Räume oder Behältnisse gewaltsam öffnen.
- Pfändung: Der Beamte kann Bargeld, Wertgegenstände oder andere Vermögenswerte pfänden. Bestimmte Gegenstände des täglichen Bedarfs sind jedoch von der Pfändung ausgenommen.
- Eidesstattliche Versicherung: In extremen Fällen kann der Beamte verlangen, dass Sie eine eidesstattliche Versicherung über Ihre Vermögensverhältnisse abgeben.
Empfohlenes Verhalten:
- Ruhe bewahren: Bleiben Sie höflich und kooperativ. Aggressive oder bedrohliche Verhaltensweisen verschlimmern die Situation nur.
- Identität prüfen: Lassen Sie sich den Dienstausweis des Beamten zeigen und notieren Sie sich seinen Namen.
- Erklären Sie Ihre Situation: Informieren Sie den Beamten über Ihre finanzielle Lage und eventuelle laufende Verhandlungen mit dem Finanzamt.
- Verhandeln Sie: Bitten Sie um die Möglichkeit, einen Zahlungsplan oder eine Stundung zu vereinbaren. Oft sind Vollstreckungsbeamte bereit, Ihnen Zeit für Verhandlungen mit dem Finanzamt einzuräumen.
Mögliche Lösungen
1. Zahlungsplan erarbeiten
Entwickeln Sie einen detaillierten und realistischen Plan zur Rückzahlung Ihrer Schulden. Dieser sollte folgende Punkte berücksichtigen:
- Ihre aktuellen Einnahmen und Ausgaben
- Möglichkeiten zur Reduzierung von Ausgaben
- Potenzielle zusätzliche Einnahmequellen
- Einen Zeitrahmen für die vollständige Rückzahlung
Präsentieren Sie diesen Plan dem Finanzamt. Ein gut durchdachter Vorschlag zeigt Ihre Bereitschaft zur Lösung des Problems und kann die Behörde positiv stimmen.
2. Kreditaufnahme erwägen
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, einen Kredit aufzunehmen, um die Steuerschulden zu begleichen. Beachten Sie dabei:
- Vergleichen Sie die Zinssätze: Die Zinsen für einen Bankkredit sind oft niedriger als die Säumniszuschläge des Finanzamts.
- Prüfen Sie verschiedene Kreditangebote: Banken, Kreditgenossenschaften oder seriöse Online-Kreditgeber können in Frage kommen.
- Berücksichtigen Sie die langfristigen Auswirkungen: Stellen Sie sicher, dass Sie die Kreditraten stemmen können.
3. Härtefallantrag
In besonderen Fällen kann ein teilweiser oder vollständiger Steuererlass beantragt werden. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch sehr streng:
- Nachweisbare extreme finanzielle Notlage
- Keine Aussicht auf Besserung der finanziellen Situation in absehbarer Zeit
- Die Eintreibung der Steuerschuld würde zu einer existenzbedrohenden Lage führen
Ein Härtefallantrag sollte gut begründet und mit allen relevanten Unterlagen belegt sein.
Professionelle Hilfe
Wenn die Situation der Schulden beim Finanzamt zu komplex, oder Sie sich unsicher fühlen, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen:
- Schuldnerberatungsstellen: Diese bieten kostenlose oder kostengünstige Beratung und können Ihnen helfen, Ihre gesamte finanzielle Situation zu überblicken und zu verbessern.
- Steuerberater: Ein Steuerberater kann Ihnen helfen, mit dem Finanzamt zu verhandeln und möglicherweise Wege finden, Ihre Steuerlast zu reduzieren.
- Rechtsanwalt: In besonders schwierigen Fällen oder wenn rechtliche Schritte notwendig werden, kann ein auf Steuerrecht spezialisierter Anwalt wertvolle Unterstützung bieten.
Wichtig zu beachten
- Verjährung: Die Verjährung von Steuerschulden tritt in der Praxis selten ein. Das Finanzamt hat verschiedene Möglichkeiten, die Verjährungsfrist immer wieder neu beginnen zu lassen. Verlassen Sie sich daher nicht darauf, dass Ihre Schulden einfach „verschwinden“ werden.
- Konsequenzen bei Nichthandeln: Ignorieren Sie Ihre Steuerschulden nicht. Dies kann zu verschärften Vollstreckungsmaßnahmen, höheren Kosten durch Säumniszuschläge und im schlimmsten Fall sogar zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Fazit
Der Umgang mit Steuerschulden bei den Finanzbehörden / Schulden beim Finanzamt erfordert Mut, Ehrlichkeit und proaktives Handeln. Der Schlüssel liegt in der offenen Kommunikation mit dem Finanzamt und der Erarbeitung realistischer Lösungsvorschläge. Je früher Sie die Initiative ergreifen und je kooperativer Sie sich zeigen, desto größer sind Ihre Chancen auf eine für beide Seiten akzeptable Lösung.
Bedenken Sie, dass Sie in dieser schwierigen Situation nicht allein sind. Es gibt professionelle Unterstützung und Wege aus der Krise. Mit dem richtigen Ansatz und der nötigen Ausdauer können Sie Ihre Steuerschulden bewältigen und einen Neuanfang wagen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann man wegen Steuerschulden ins Gefängnis kommen?
Diese Frage beschäftigt viele Menschen mit Steuerschulden. Die kurze Antwort lautet: In Deutschland kommt man nicht allein wegen Schulden ins Gefängnis. Allerdings gibt es einige wichtige Punkte zu beachten:
- Schulden allein sind kein Haftgrund: In Deutschland gibt es keine Schuldenhaft. Das bedeutet, dass Sie nicht ins Gefängnis kommen, nur weil Sie Ihre Steuern nicht bezahlen können.
- Steuerhinterziehung ist strafbar: Wenn Sie absichtlich falsche Angaben machen oder Einkünfte verschweigen, um weniger Steuern zu zahlen, kann dies als Steuerhinterziehung gewertet werden. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die in schweren Fällen mit Gefängnis bestraft werden kann.
- Erzwingungshaft bei Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung: Wenn Sie sich weigern, die eidesstattliche Versicherung abzugeben, kann das Gericht eine sogenannte Erzwingungshaft anordnen. Diese dient dazu, Sie zur Abgabe der Erklärung zu bewegen, nicht als Strafe für die Schulden selbst.
- Konsequenzen bei Nichtbeachtung gerichtlicher Anordnungen: Wenn Sie gerichtliche Anordnungen im Zusammenhang mit Ihren Steuerschulden missachten, kann dies zu rechtlichen Konsequenzen führen, die in extremen Fällen Haft beinhalten können.
- Betrug: Wenn Sie absichtlich Vermögenswerte verschleiern oder falsche Angaben machen, um der Zahlung von Steuerschulden zu entgehen, könnte dies als Betrug gewertet werden, was strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
In Anderen Ländern
- Griechenland: Hier können Steuerschuldner tatsächlich mit Gefängnisstrafen rechnen. Bei Schulden ab 5.000 Euro drohen Haftstrafen zwischen zwölf Monaten und drei Jahren
- Frankreich: Für das bloße Nichtzahlen von Steuern aufgrund fehlender finanzieller Mittel ist eine Gefängnisstrafe eher unwahrscheinlich. Bei Steuerschulden über 50.000 Euro, die betrügerische Handlungen beinhalten, können zusätzliche Sanktionen wie die Veröffentlichung der Informationen auf der Internetseite der Steuerbehörde für bis zu einem Jahr erfolgen
Wichtig zu beachten:Es ist wichtig zu betonen, dass die strafrechtliche Verfolgung in der Regel nur dann in Betracht gezogen wird, wenn es Anzeichen für vorsätzlichen Betrug oder Steuerhinterziehung gibt. Bei finanziellen Schwierigkeiten ist es ratsam, frühzeitig mit den Steuerbehörden Kontakt aufzunehmen, um mögliche Lösungen wie Ratenzahlungen oder Zahlungsaufschübe zu besprechen.
Was ist eine eidesstattliche Versicherung?
Eine eidesstattliche Versicherung, früher auch als „Offenbarungseid“ bekannt, ist eine umfassende Erklärung über Ihre Vermögensverhältnisse, die Sie unter Eid abgeben.
- Zweck: Sie dient dazu, dem Gläubiger (in diesem Fall dem Finanzamt) einen vollständigen Überblick über Ihre finanzielle Situation zu geben.
- Inhalt: Sie müssen alle Ihre Vermögenswerte, Einkünfte, Schulden und regelmäßigen Ausgaben offenlegen.
- Konsequenzen: Die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist strafbar. Es ist daher äußerst wichtig, alle Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen.
- Folgen: Nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung werden Ihre Daten für drei Jahre im Schuldnerverzeichnis geführt, was Ihre Kreditwürdigkeit erheblich beeinträchtigen kann.
Was sind Säumniszuschläge?
Säumniszuschläge sind zusätzliche Gebühren, die das Finanzamt erhebt, wenn Steuern nicht rechtzeitig gezahlt werden.
- Höhe: Sie betragen in der Regel 1% des rückständigen Steuerbetrags pro Monat.
- Berechnung: Sie werden für jeden angefangenen Monat der Säumnis berechnet.
- Vermeidung: Durch rechtzeitige Zahlung oder Beantragung einer Stundung können Säumniszuschläge vermieden werden.
Was bedeutet „Pfändung“ im Kontext von Steuerschulden, Schulden beim Finanzamt?
Pfändung ist eine Maßnahme zur Zwangsvollstreckung, bei der das Finanzamt auf Ihr Vermögen zugreift, um ausstehende Steuerschulden zu begleichen.
- Gegenstände: Es können Bargeld, Wertgegenstände, aber auch Forderungen (z.B. Gehalt) gepfändet werden.
- Grenzen: Bestimmte Gegenstände und ein Teil des Einkommens sind pfändungsgeschützt, um Ihre Existenzgrundlage zu sichern.
- Ablauf: Ein Vollstreckungsbeamter kommt zu Ihnen und nimmt die Pfändung vor. Bei Gehaltspfändungen wird Ihr Arbeitgeber informiert.
Was ist ein Stundungsantrag?
Ein Stundungsantrag ist eine formelle Bitte an das Finanzamt, die Fälligkeit einer Steuerschuld zu verschieben.
- Zweck: Er verschafft Ihnen Zeit, um Ihre finanziellen Angelegenheiten zu ordnen.
- Voraussetzungen: Sie müssen nachweisen, dass die sofortige Zahlung eine erhebliche Härte darstellen würde.
- Dauer: Die Stundung kann für einen bestimmten Zeitraum oder bis zu einem festgelegten Datum gewährt werden.
- Zinsen: In der Regel werden für den Stundungszeitraum Zinsen erhoben.
Kann ich meine Steuerschulden in einem Insolvenzverfahren loswerden?
Steuerschulden können grundsätzlich Teil eines Insolvenzverfahrens sein, aber es gibt einige wichtige Punkte zu beachten:
- Reguläre Steuerschulden: Diese können in einem Insolvenzverfahren wie andere Schulden behandelt und eventuell teilweise erlassen werden.
- Ausnahmen: Steuerschulden, die aus Steuerhinterziehung resultieren, sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen.
- Neue Steuerschulden: Während des Insolvenzverfahrens entstehende Steuerschulden müssen vollständig bezahlt werden.
- Beratung: Vor der Erwägung einer Insolvenz sollten Sie unbedingt professionellen Rat einholen, da dies weitreichende Konsequenzen hat.
Was passiert, wenn ich ins Ausland ziehe? Bleiben die Steuerschulden bestehen?
Steuerschulden verschwinden nicht einfach, wenn Sie ins Ausland ziehen:
- Fortbestand: Die Schulden bleiben bestehen und verjähren in der Regel erst nach vielen Jahren.
- Vollstreckung im Ausland: In vielen Ländern, besonders innerhalb der EU, kann das deutsche Finanzamt die Schulden vollstrecken lassen.
- Rückkehr: Bei einer späteren Rückkehr nach Deutschland werden Sie mit den alten Schulden zuzüglich Zinsen konfrontiert.
- Konsequenzen: Ein Umzug ins Ausland zur Vermeidung von Steuerschulden kann als Steuerflucht gewertet werden und rechtliche Folgen haben.